Wasserspiele und kühle Duschen: las cataratas del Iguazú
Stephan | 7. November 2011 | 03:43Stephan:
Vorspiel:
Nach unserem kleinen Intermezzo mit LAN während unseres Osterinseltrips haben wir uns von den Flug-Gutscheinen jeweils die Flüge nach Patagonien und zurück gekauft, und vom restlichen Geld kurzentschlossen Flüge von Santiago nach Iguazú. Denn zum einen wäre das Restgeld vom Gutschein verfallen, und zum anderen hatten wir schon zu Hause die Fälle von der Liste gestrichen, da sie zu sehr abseits der geplanten Reiseroute liegen.
Zurück in Santiago von der Osterinsel, wollten wir eigentlich im Airport Holiday Inn übernachten. Klar, teuer, aber wir sollten am nächsten Tag um 0700 wieder am Check-in sein. Da lohnt es sich eigentlich nicht, eine halbe Stunde in die Stadt zu fahren und morgens dann noch viel früher aufzustehen. Dachten wir uns zumindest. Leider war dann das Hotel komplett voll, da wir an einem Samstag wieder zurückgekommen sind. Also das Handy gezückt und die 4 Budgethostels angerufen, welche im Lonely Planet stehen (keine Ahnung was der LP sich dabei gedacht hat, für diese große Stadt nur so wenig Hostels zu listen). Allerdings haben wir auch hier kein Glück: alle entweder voll, oder uns werden Betten im 6er oder 10er Dorm zu mehr als stolzen Preisen angeboten.
Ein bisschen widerstrebend entschließen wir uns – es ist mittlerweile nach 2200 – es bei unseren CS Hosts Gustavo und Susanna zu versuchen (dort steht eh noch unser Sack mit gelagertem Zeug). Susanna sagt es sei ok, wir müssten nur unser Bett selber machen und morgens (jetzt müssen wir doch um 0500 hoch) leise raus. Klingt nach ´nem Deal.
Nachdem wir am nächsten Morgen um 0700 eingecheckt haben und noch 3h warten müssen bis zum Abflug, entdecken wir ein Frühstücksbuffet in einem der Cafés, welches wir uns sogar leisten können. Südamerikatypisch besteht die eine Hälfte aus Kuchen und Torte, die andere aus ein wenig Wurst, Käse und Cornflakes. Aber es gibt auch Kaffee, Saft, und ein paar Orangenscheiben. Wir schlagen uns ordentlich voll – und müssen zu unserem “Entsetzen” mit ansehen, wie ab um 0830 erst noch Erdbeeren, dann Kiwis und Ananas, und am Schluss eine riesige Schüssel Fruchtsalat aufgetragen werden. Und weiter hinten werden plötzlich Pancakes und Rührei gemacht. Ok, ein bis zweimal kräftig hüpfen zum Platz schaffen, und wir schieben noch ein bisschen Omelett und Fruchtsalat hinterher.
Der Flug nach Buenos Aires ist dann kurz und ereignislos. Wir müssen allerdings den Flughafen wechseln, was mit 40USD ziemlich teuer ist, aber zeitlich knapp hinhaut. Da hätten ein paar mehr Infos von LAN beim buchen geholfen, denn 2.5h sind wirklich nicht viel Zeit um sein Gepäck zu holen, ggf. auf ein freies Taxi zu warten, quer durch die große Stadt zu fahren und neu einzuchecken. Mit 4h ist man da eher auf der sicheren Seite. Dann nochmal 1.5h im Flieger, und wir sind da. Wir teilen uns ein Taxi in die Stadt mit 2 anderen Deutschen; leider ist dann deren recht nett aussehendes Hotel über unserem Budget. Eine Bleibe finden wir im Hostal Peter Pan. Wir bekommen ein ruhiges 4er Zimmer für uns allein, der Innenhof ist nett, es gibt einen Pool und eine Küche. Die vielen schlechten Bewertungen auf Tripadvisor entdecken wir erst später – aber zum Glück treffen die Mängel auf uns diesmal nicht zu.
Tag 1:
Der nächste Tag (Montag) beginnt etwas stressig: wir wollen eigentlich zum Nationalpark und uns die Fälle anschauen, brauchen aber vorher noch Bargeld. Tja, versucht das dort mal an einem Montag Morgen. Wir mussten zu drei Banken, um einen Automaten zu finden, der noch Geld hatte, während es draußen schön heiß war und uns die Zeit weglief. Danach waren wir beide ganz gut genervt und haben uns den Rest des Tages ein bisschen angezickt.
Silke:
Der Knackpunkt ist, dass wir immer versuchen richtig früh aufzustehen und loszukommen und es wegen irgendwelcher Kleinigkeiten oder Unwägbarkeiten dann doch meist nicht klappt. (In diesem Fall: ja; die Rucksäcke waren gepackt und die Bustickets auch schon besorgt, nur wollten wir am Vorabend im Dunkeln keine großen Geldbeträge mehr abheben und nach Hause tragen…wer kann auch ahnen, dass Montag früh dann die Gesamtbevölkerung des Ortes vorm ATM steht?) Und dann wird´s stressig, weil die Zeit limitiert ist und das Gefühl aufkommt, nicht alles zu schaffen. Vor allem wenn es sich um ein Highlight handelt wie Iguazú. Dazu kam dann noch, dass wir am Eintritt entdecken mussten, dass sie kürzlich die Eintrittspreise saftig angezogen haben und das Tagesticket jetzt gleich mal das Vierfache kostet, wie in unserem Lonely Planet von selben Jahr. Da kam dann auch noch Budgetstress auf. Einer der Wanderpfade wird auch schon zwei Stunden vor Parkschluss geschlossen, war auch nicht vorhersehbar…
Aber gut, nach etwa Gemaule und Unleidlichsein starten wir dann als erstes auf einen etwas abseits gelegenen Wanderpfad (der, der als erstes geschlossen wird), welcher durch nativen Forest führen soll und gute Möglichkeiten zur Tierbeobachtung bieten soll. Der Weg an sich ist etwas enttäuschend (aber wir hatten ja auch noch nicht unsere gute Laune wiedergefunden), mehr ein manikürter vier Meter breiter Forstweg als ein Trail. Am Ende mussten wir dann noch entdecken, dass am Ende dort ein kleiner Wasserfall herabstürzt, in dessen Pool man baden konnte. Darauf war nirgends ein Hinweis gegeben- so hatten wir natürlich kein Badezeug dabei und starrten etwas frustriert und schwitzend ins kühle Nass. Keine Ahnung, ob die anderen davon wussten oder nur zufällig wegen der Bootstouren Bikinis drunter hatten…
Aber wir wollen mal nicht ungerecht sein, es gab schon auch ein bisschen was zu sehen, wenn man genau hinschaut: einige bunte Falter, skurril geformte Wurzeln, farbenfrohe Gewächse und sogar Orchideen. Außerdem ließen sich an einer Stelle durch die Bäume hangelnde Affen beobachten sowie eines der lustig aussehenden Säugetiere mit gestreiftem Schwanz (deren Namen ich leider vergessen habe), die hier häufig im Unterholz herumrumoren.
Danach beschlossen wir zunächst mit der Bimmelbahn zum “Garganta del Diabolo” zu fahren, da dieser DAS Highlight des Parkes sein soll. Auf dem Weg dorthin überquerte das Touristenbähnchen dann einige kleine Brücken, in wessen Schatten feuchte Schlammstellen der brütenden Hitze Widerstand geleistet hatten und damit hunderte kleiner gelber Schmetterlinge anzogen. In dem Moment, in welchem die Bahn herüberzuckelte flogen alle miteinander auf und boten ein wunderschönes gaukelndes Luftspektakel.
Vom Endpunkt der Bahn, wo im 30-Minutentakt die Touristen ausgespien werden, ist es noch ein zwei-Kilometer-Weg zum Schlund des Wasserfalls immer über Gitterbrücken (am Horizont zog ein Nachmittagsgewitter auf und es grummelte bereits in der Ferne, so dass wir uns doch zwischendurch mal der Unmenge Blitzableiter unter unseren Füßen sehr bewusst waren…). Man ging quasi über den zum Schlund führenden Fluss, der anscheinend gerade ordentlich Wasser führte, da von vielen kleinen Bäumchen, die wohl auf Inseln wuchsen nur die Kronen zu sehen waren (und der Zugang zu einer Insel war komplett gesperrt). So nutzte eine Wasserschildkröte auch einen Brückenpfeiler als Ruhepunkt und auf überhängenden Ästen waren immer wieder bunte Vertreter der Vogelwelt zu finden.
Und dann kamen wir an: am Teufelsschlund. Von dem war allerdings immer nur zeitweise etwas zu sehen, da das Wasser mit soviel Wucht und auf so breiter Fläche herabstürzt, dass der Grund des Wasserfalls eine einzige schäumende, brodelnd kochende Wassermasse ist.
Das Wasser stiebt wieder nach oben, noch bevor es ganz unten angekommen zu sein schein und bei jeder kräftigen Böe bekommt man eine ordentliche Dusche ab. Das hat den lustigen Effekt, dass alle Leute, die gerade vorne am Geländer stehen in einem solchen Fall simultan entweder Regenschirme hochreißen (vor allem im Falle japanischer Gruppentouristen) oder Kameras hektisch herunterreißen (nicht nur die Japaner :-)). Wir für unseren Teil haben die willkommene Abkühlung zu schätzen gewusst, nach welcher sich die tropischen Temperaturen wesentlich besser ertragen ließen.
Der Blick ist, wenn er da ist, einfach gigantisch. Man blickt über ein fast komplettes Rund eines riesigen Wasserfalles, dessen gegenüberliegende Seite sich auf brasilianischem, unsere auf argentinischem Boden befindet. Durch den herabstürzenden Wasservorhang fliegen mit unglaublicher Geschwindigkeit Unmengen wendiger Felsenschwalben zu ihren dahinter liegenden Nestern hindurch. Es ist mir ein Rätsel, wie sie überhaupt die richtige Stelle finden, zweitens nicht vom Wasser mitgerissen werden und drittens nicht dahinter am Fels zerdeppern, so schnell, wie sie auf die Felswand zufliegen…
Wir blieben eine ganze Weile und schauten fasziniert den Millionen von Litern Wasser zu, die vor uns in die Tiefe stürzten. Dann lösten wir uns, um auf die anderen Trails zu gehen, von denen aus man noch einen Blick von weiter unten auf die anderen Fälle bekommen kann. Denn es ist hier nicht nur der eine gigantische, sondern eine ganze Reihe nicht weniger attraktiver Wasserfälle zu bestaunen, die sich auf ein weiteres Gebiet verteilen.
Unterwegs kamen wir noch an der “Überlebensstation” für die reisenden Südamerikaner vorbei: einem Heißwasserspender, mit welchem sie ihre ständig mitgeführten Thermoskannen mit “Hierba de mate”, Matetee, auffüllen. Selbst bei den Schulklassen, die hier an uns vorbeikommen, laufen immer einige mit dem Heißwasserpott mit, welcher dann schluckweise in ein kleines kräutergefülltes Trinkgefäß gegossen und dann reihum getrunken wird.
Tag 2:
Nachdem uns gestern die Zeit gefehlt hatte für eine ausführliche Erkundung der unteren Bereiche, fühle ich mich irgendwie noch so “unfertig” mit Iguazú und bin nicht so richtig zufrieden. Ich hatte das Gefühl zu sehr in Hektik gewesen zu sein, alles in der kurzen Zeit zu sehen, die Bootstour konnten wir wegen fehlender 5 Pesos nicht machen und überhaupt war es beeindruckend, aber irgendwie hat der Raum gefehlt, die Eindrücke richtig ankommen zu lassen. Da Stephan nicht nochmal hinmuss und wir uns dagegen entscheiden auch noch auf die brasilianische Seite zu fahren, ringe ich eine Weile mit mir (auch wegen des teuren Eintrittsgeldes) und beschließe dann, dass ich noch einen Tag im Park verbringen will. Das war am Ende auch die richtige Entscheidung. Ich verbringe einen sehr entspannten Tag (nun habe ich ja den Vorteil bereits zu wissen, was man machen kann) und genieße das Gefühl ausreichend Zeit zum gucken und herumlaufen zu haben. Zuerst mache ich nun doch noch die Bootstour, bei welcher man direkt unter die auftreffenden Wassermassen gefahren wird. Was für eine Urgewalt. Binnen Millisekunden sind wir alle klatschnass und in den zerstäubenden Wassermassen kann man kaum Atem fassen. Alles gischtet nur noch und ich muss meine Brille festhalten, damit sie nicht fortgerissen wird. Wieder zurück am Anleger wringe ich meine Klamotten kurz aus und stolpere fast über eine Riesenechse, die in der Sonne brät.
Dann geht es weiter auf den unteren Wegen, die immer an der Felswand entlang führen und fantastische Blicke auf die verschiedenen Fälle und den umgebenden Urwald freigeben. Die Luft ist gesättigt mit 100% Feuchtigkeit und so stehen überall die Nebelschwaden in der Luft.
Auf einem der oberen Wege kommt man über Pfahlkonstruktionen dicht über die Fälle und kann die Wassermassen in der Tiefe verschwinden sehen. Immer wieder entstehen feine schillernde Regenbögen in der Luft, die sich solange halten, bis die Wasserwolke wieder zerfällt. Ganz am Ende des Tages fahre ich nochmal zum “Garganta del Diabolo” und genieße es nochmal da zu sein, ohne Fotos machen “zu müssen” und mich nur auf das Schauspiel konzentrieren zu können..
So bin ich am Ende des Tages rundum zufrieden mit der Entscheidung einen zweiten Tag investiert zu haben und kann nur allen anderen Reisenden empfehlen sich für Iguazú ausreichend Zeit zu nehmen.
Welche Überraschung – was für ein schöner Bericht mit ganz tollen Aufnahmen! Da hat Stephan wohl was versäumt, als er sich gegen einen 2 Tag im NP entschied. Und soweit ich weiß, sind das Nasenbären, deren Name Dir entfallen ist.
Liebe Grüße an die Verfasserin